Ostern in Gefahr (7.4.23)

7. April 2023 Kommentare deaktiviert für Ostern in Gefahr (7.4.23)

Reinhild Fuchs wachte von lautem Gegacker auf und stöhnte. Zehn Uhr morgens zeigte der Wecker. Das war für dämmerungs- und nachtaktive Tiere wie Reinhild die völlig falsche Uhrzeit. Ein Blick aus dem Fenster bestätigte ihre Befürchtung: Kundschaft! Sie weckte also ihren noch fröhlich schnarchenden Mann Reino mit einem Stoß in die Seite und schlurfte zur Haustür.
„Fuchs&Fuchs, Aufspürungen aller Art“ war ein junges Startup-Unternehmen und konnte es sich wirklich nicht leisten, einen Auftrag einfach zu verpennen.
Wenig später saß die verschlafene Reinhild mit einer Schar durcheinander schwatzender Haushühner im Besprechungsraum, während Reino erst einmal Kaffee kochte.
Mit einer energischen Handbewegung stoppte sie die Gackaphonie ihrer Gäste:
„Jetzt bitte einmal der Reihe nach.“
Die Hühner in ihrem schlichten Gemüt nahmen das wörtlich, also begann Alpha als ranghöchstes Tier. Dann durfte Beh das Gesagte ergänzen und Cee Details hinzufügen, während alle anderen nur ab und an ein leises „Putt, putt“ oder „Tok, tok“ einwarfen.
„Okey“, fasste Reinhild zusammen, nachdem sie einen Schluck vom frisch gebrühten Kaffee genommen hatte, „ihr produziert also seit Wochen in Doppelschichten Eier für den Osterhasen, aber der ist nicht ein einziges Mal vorbeigekommen, um eine Lieferung abzuholen. Dabei war der Mann bisher absolut zuverlässig.“
Mit einer erneuten Handbewegung stoppte sie das aufschwellende Gegacker.
„Beh, Cee und Dö haben sich dann zur Hasenwerkstatt geschlichen, um zu sehen, was los ist.
Das Gebäude war leer, und der regenbogenfarbene Lieferwagen stand nicht auf dem Hof. Stattdessen hing dieser Zettel an der Tür.“
Die Füchsin las vor, was auf dem schmutzigen Wisch stand: „Hasi ist entführt“.
Sie schüttelte den Kopf: „Nichts weiter? Keine Lösegeldforderung? Nichts?“
Reinhild sah ihren Göttergatten fragend an, dann nickte sie.
„Alles klar, wir lösen der Fall.“

Wenig später durchforschten die Inhaber von Fuchs&Fuchs mit schnüffelnd vorgestreckten Nasen die Hasenwerkstatt. Ihnen war bewusst, welche Verantwortung auf ihrer Mission lastete. Wenn sie nicht Erfolg hätten, und zwar schnell, dann würde Ostern ausfallen müssen.
Neben dem umgestürzten Tisch fanden sie in einer Eierlikör-Pfütze ein Ei-Phone. Das Code-Knacken war kein Problem, der elektronische Terminkalender gab aber wenig her.
Der Hase hatte sich offensichtlich die Wochen vor Ostern für seine Arbeit frei gehalten. Ein einziger Eintrag stach ins Auge, genau zwei Wochen her: Kartenspiel mit Grinz, Weihnachtsmann und Rentier Rudolph und.
Reino kniff die Augenlider zu schmalen Schlitzen zusammen und schaute sich die Bescherung beim umgestürzten Tisch genauer an. Dann knurrte er triumphierend.
„Klarer Fall! Die herumliegenden Karten zeigen ausschließlich As, Zehn, Dame, Bube, König und Neun – hier wurde eindeutig Doppelkopf gespielt.“
Die Schnüffler sahen sich an. Weihnachtsmann und Rentier waren über jeden Verdacht erhaben. Aber der Grinz hatte seine einschlägige Vorgeschichte, den Klau der Weihnachtsgeschenke damals in Werstadt. War der geläuterte Weihnachtshasser rückfällig geworden, diesmal als Osterhasser?
Wortlos machten sie sich auf den Weg zum Weihnachtsmann. Der saß vor seinem Blockhaus, ließ sich die Frühlingssonne auf den stattlichen Bauch scheinen und sah seinen Rentieren beim Äsen zu.
Auf Nachfragen bestätigte er zunächst den Sachverhalt. Ja, sie hätten zu viert Karten gespielt. Doch sie wären alle gute Freunde, denn seit der Geschichte damals wäre der Grinz geradezu ein Hardcore-Fan von Weihnachten geworden, und man wäre freundschaftlich verbunden. Aber nein, er, der Weihnachtsmann könne ausschließen, dass Grinz den Hasen wirklich entführt hätte. So etwas täten sich Freunde nie und nimmer an.
Reino und Reinhild wiegten zweifelnd die Köpfe. Sie kannten die Menschen und die Tiere vielleicht besser als ihr gutmütiges Gegenüber. Nach einer kleinen Denkpause wurde Santa merklich unruhig.
„Allerdings ist der Grinz meines Wissen der einzige, der den Osterhasen Hasi nennt. Alle anderen nennen ihn Lütt Matten. Und als Rudolph und ich gingen, diskutierten sie gerade heftig, welches Fest den Menschen wichtiger ist, Ostern oder Weihnachten.“ Rudolph, der neugierig herbei getrottet kam, bestätigte diese Erinnerung. Entschlossen stemmte sich der Weihnachtsmann hoch.
„Wir dürfen keine Zeit verlieren, Ostern ist schon dammig nah. Wir fliegen mit meinem Schlitten.“
Wenig später landeten sie neben dem einsamen Haus des Verdächtigen. Während Reinhild in Richtung Scheune ging, um nach dem Hasenmobil zu spüren, klopften die Männer an die Haustür. Drinnen erklang leises Getuschel. Endlich öffnete ein mürrisch blickender Grinz, hinter dessen massiger Gestalt zwei fröhlich wackelnde lange, braune Ohren auftauchten.
„Doch noch gewonnen“, jubelte eine quäkende Stimme, unverkennbar die des Osterhasens. Rainhild und Raino verdrehten synchron die Augen. Eine Wette etwa?
Und so war es. Der leicht beschwipste Grinz hatte behauptet, „kein Schwein“ würde es merken, wenn Hasi zwei Wochen vor Ostern verschwindet, ganz zu schweigen davon, dass irgendjemand den versteckten Hasen bis dahin suchen würde. Betrunken wie das Langohr an dem Abend war, hatte es die Wette angenommen.
„Tja, und Wette ist Wette“, nuschelte es leicht beschämt.
Rudolph fing wiehernd an zu lachen: „Hasen-Suchen statt Eier-Suchen – ganz was Neues!“

So endete das Ganze in Gelächter. Grinz hat dann seine Wettschulden brav eingelöst und dem Hasen beim beschleunigten Eieranmalen geholfen. Wundert euch also nicht, wenn ihr dieses Jahr Eier mit Weihnachtsmotiven entdeckt.
Und wenn ihr keine entdeckt? Kein Problem: Fuchs&Fuchs wollen ganz groß in die Suche nach nicht gefundenen Eiernestern einsteigen. Die Mundpropaganda der Hühner ist ihnen sicher.

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